14 Jahre nach In Brügge Sehen und Sterben stehen Colin Farrell und Brendan Gleeson wieder für Martin McDonagh vor der Kamera. Und anstelle zu versuchen, den enormen Erfolg mit Three Billboards Outside Ebbing, Missouri zu wiederholen, hält sich McDonagh zurück und kommt fünf Jahre später einfach mit dieser kleinen, aber großartigen Tragikomödie um die Ecke. Mit zwei Handvoll toller Schauspieler auf einer irischen Insel in den 1920er Jahren, die ihr Leben abseits des auf dem Festland tobenden Bürgerkriegs mehr oder weniger in den Tag und ins Pub hineinleben.
Im Mittelpunkt des Films stehen die Freunde und Nachbarn Pádraic und Colm, die sich normalerweise immer nach dem Mittag im Pub treffen, bis Colm Pádraic erklärt, dass er ihn nicht mehr leiden kann. Aber Pádraic ist nicht die hellste Birne am Leuchter und sieht das so nicht ein. Mehr gibt es nicht und es ist McDonaghs seltenes Talent, dass er daraus zwei Stunden gute Unterhaltung schaffen kann.
Und dabei driftet er schon ein bisschen ab von seinen bisherigen Arbeiten, hin zu einem Calvary aus der Feder seines Bruders John Michael McDonagh. Was natürlich absolut großartig ist. Und so schiebt sich dieser kleine Film zum Ende des Jahres doch noch ganz frech an allen Nominierten vorbei in meine Jahresbestenliste. Fecking good.

Entspannende Wohlfühlspiele erzeugen bei vielen Menschen ja gerne mal Gesichtsausdrücke irgendwo zwischen Schmerz und Mitleid, wenn man ihnen gegenüber mit großen Augen erklärt, warum eines dieser Spiele gerade der neue sehr heiße Scheiß ist. Manchmal ist es aber auch wirklich ein Mysterium. Wie zum Beispiel bei Garden Galaxy. Da mache ich ja nichts anderes, als kleine Geister anzuklicken, die sich dann in Münzen verwandeln, die ich wiederum in einen Zauberkessel werfe, der mir dann im Gegenzug dafür einen Gegenstand ausspuckt. Den kann ich dann wie es mir gefällt in meinem virtuellen Garten platzieren. Egal, ob die Position Sinn macht oder ob es vielleicht sogar doof aussieht. Galaxy Garden überlässt mir komplett die Gestaltung meiner virtuellen Sandkiste und gibt mir dabei nicht einmal ein Ziel vor, das über den Aufbau dieser Spielfläche hinaus geht. Und trotzdem ist es reinstes, himmelblaues Crystal Meth aus Albuquerque, New Mexico.
Immer wenn ich denke, es reicht jetzt und dann meinen Mauszeiger in die untere linke Ecke auf das Menüsymbol zu bewege, fällt mir auf den paar Zoll noch etwas ein, was ich ja noch schnell machen könnte. Komm, hier noch mal die beiden Geister wegklicken. Oh, eine Gartenmünze! Mal schauen, was da für ein Objekt herauskommt. Hach, nice. Das hatte ich ja noch gar nicht. Ich glaube das passt hier hinten ganz gut in die Grünfläche, die ich wie einen kleinen Zauberwald gestaltet habe. Aber Moment. Es schwimmt ja auf Wasser! Nee, dann packe ich es dort zum Wasserfall, der ... und so geht das dann noch mindestens eine Stunde weiter. Crystal fecking Meth. Sag ich euch.
Natürlich motiviert hier vor allem der tolle Stil, in dem alle Gegenstände liebevoll gezeichnet wurden. Selbst wenn nach den ersten drei Stunden alles aussieht wie der Hinterhof einer Messie-Bauernhof-WG, hat das noch eine ansprechende Schönheit. Und dann gibt es diese kleinen netten Extras, wie etwa der Vogel, der in den Garten zieht, wenn ich eine Vogeltränke aufstelle. Genau mein Ding.
Aus Ermangelung eines Windows-Rechners spiele ich Garden Galaxy auf meinem Steam Deck über dessen offizielles Dock am Monitor mit Maus und Tastatur und kann das ohne Einschränkung empfehlen. Cozier geht dieses Jahr nicht mehr zu Ende.
Weil mir der Film Bullet Train sehr gut gefallen hat, wollte ich Kōtarō Isakas Buchvorlage Maria Beetle dazu lesen, habe dann aber entdeckt, dass es bereits der zweite Teil einer Trilogie ist, die auf einer Mangareihe von Isaka basieren und dass Teil Eins mit dem Originalnamen Grashüpfer jetzt ebenfalls ins Englische übersetzt wurde. Leider unter dem echt übel generischen Titel Three Assassins. Aber wenn schon mal was abseits von Murakami aus dem Japanischen übersetzt wird, soll mir sogar das recht sein.
Der Release macht Sinn, denn die Bücher spielen nicht nur im selben literarischen Universum, sondern teilen sich hier und dort auch mal kleinere Nebenfiguren. Wenig überraschend treffen auch bei Three Assassins, wie schon bei Bullet Train, Auftragskiller aufeinander und machen sich gegenseitig das Leben schwer, aber dahinter steckt deutlich mehr als der uninspirierte Buchtitel vermuten lässt.
Protagonist Suzuki infiltriert recht dilettantisch eine Verbrecherorganisation, die er für den Tod seiner Frau verantwortlich macht und stolpert dabei mit der Tür ins Haus in eine Welt, in der Entführung, Betrug und Mord ganz normale Berufe zu sein scheinen. Dabei treibt er im Fahrwasser der Assassinen von einer gefährlichen Situation in die nächste.
Die illustren wie interessanten Figuren sind richtig gut geschrieben und ihre Verbindungen zueinander ergeben ein schönes Puzzle, das erst am Ende ein überschaubares Gesamtbild liefert. Die Tatsache, dass ich es gar nicht erwarten konnte, diese Geschichte weiter erzählt zu bekommen und im Anschluss direkt mit dem zweiten Teil fortfuhr, machte mir klar, dass ich hier möglicherweise mein neues Lieblingsbuch gefunden habe.
Übrigens wurde auch dieses Buch, das in Japan bereits 2004 erschien, vor einigen Jahren schon verfilmt. Mit Tadanobu Asano in der Hauptrolle! Leider ohne einen westlichen Release. Aber das kommt ja vielleicht noch, wenn diese Reihe jetzt noch ein bisschen bekannter wird.
Teil Drei, der den Namen Ax trägt, ist aktuell noch nicht ins Englische oder Deutsche übersetzt worden. Am 3. April erscheint Three Assassins/Grashüpfer unter dem noch blöderen Titel Suzukis Rache auch auf Deutsch.
Falls ihr ein Abo bei den Kollegen von Insert Moin habt, könnt ihr dort hören, wie Micha und ich über den Retroplattformer Lunistice reden und wie begeistert wir beide von diesem kleinen Indiespiel sind.
Falls nicht, versichere ich euch an dieser Stelle, dass die fünf Euro wirklich sehr gut angelegt sind, wenn ihr Lust auf ein Spiel habt, das aussieht wie damals auf der PlayStation Eins, sich aber spielt wie ein guter Titel von heute. Und wenn ihr, wie ich keine Leuchte in Sachen 3D-Jump'n'Run seid, ist das auch kein Problem, denn durchspielen könnt ihr Lunistice trotzdem. Und vielleicht habt ihr wie ich auch noch Lust, weiterzuspielen und bessere Bewertungen am Ende der Level zu bekommen. Alles möglich. Für ein paar Euro, die schon die Tatsache wert sind, dass die Protagonistin ein Tanuki ist. Genau. Kaufen.

Da ist er wieder, der wichtigste Feiertag des Jahres: Der Tag des Ninja! Alle Jahre wieder ein Fest der Freude. Ich spare mir an dieser Stelle halbgare Wortwitze, die der Relevanz dieser Festivität eh nicht gerecht werden können und trage einfach Schwarz. Wie ihr es heute alle tun solltet. Die Grafik auf meinem Oberteil der Wahl ist übrigens der erste Ninja, den meine Tochter mir vor Jahren mit Tusche gemalt hat. Ein wichtiger Moment im Leben eines Ninja und heute ist natürlich der perfekte Tag, um daran erinnert zu werden. Hach!

Es weihnachtet sehr. Das ist weiterhin beruflich für mich eine sehr stressige Zeit. Und daher auch die Zeit, wo ich es mir abends gerne mit einer heißen Tasse Kaffee, einem hässlichen Strickpulli und einem Lieblingsretrospiel im Schneidersitz vor dem TV gemütlich mache. Zuletzt, auch wegen Gungrave G.O.R.E, war das mal wieder das Ur-Gungrave. 2002 ist jetzt schon Retro. Meine Fresse.
Aber Spaß hat es wieder gemacht. Es ist und bleibt eines meiner All-Time Favoriten und da ist es umso trauriger, dass einfach nichts von der Magie in das aktuelle Spiel geflossen ist. Egal. Gungrave von 2002 hat wie gesagt wieder Bock gebracht, auch wenn Bunji immer noch ein riesiges selbstheilendes Arschloch ist und sich das letzte Level viel zu sehr zieht. Das sind aber kleine, ungeschliffene Ecken und nicht grobe Designpatzer.
Da ich dann auch direkt wieder die Zeitlupenfunktion freigespielt habe, wird dieser Durchgang dieses Jahr wahrscheinlich nicht der letzte geblieben sein. Und da freue ich mich auch schon wieder drauf. Aber erst einmal ist jetzt Muramasa auf der Wii an der Reihe ein weiteres Mal durchgespielt zu werden. Und dann, wenn ich richtig Lust habe, Windwaker als Highlight des Jahres ⛵️


Musikalisch blieb 2022 bei mir scheinbar alles beim Alten. Zumindest laut Apple Musics Replay Jahresstatistik 🤟
Es gibt nicht viel, was ein guter Gungrave Titel braucht: Der erste Teil der Serie hat das optimal erfüllt: Ein Third Person Shooter mit einer Handvoll Level, in denen viel zerstört werden kann. Ein Protagonist wie ein Panzer, der den gegnerischen Kugeln nicht ausweichen muss, sondern sie einfach bis zu einem gewissen Grad absorbiert. Eine überragende Feuerkraft, die Gegner im Sekundentakt vom Bildschirm fegt. Der Grundgedanke von Gungrave war weniger das Überleben, als dies mit Style zu tun: lärmendes Dauerfeuer, Hechtsprünge in (optionaler) Zeitlupe und hier und dort mal einen Supermove, der mit einer schönen Animation ganze Scharen von Widersachern erledigt. Wer das Ganze mit Sternchen machen will, versucht das Beatmeter, den Kombozähler hochzuhalten, in dem zwischen zwei Angriffswellen auf Gegenstände in der Umgebung geschossen wird. Dazu ein jazziger Soundtrack und eine zweckmäßige aber hübsche Cel Shading Optik. Es war und ist ein toller Arcade Titel.
Zwanzig Jahre, einen überflüssigen zweiten Teil und ein paar VR Experimente später, erscheint heute Gungrave G.O.R.E. Ein Spiel, das schon im Titel die Feinfühligkeit der Produktion erahnen lässt. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Dann aber doch oft auch sehr qualvoll. Es ist ein Elend.
Dabei hätte es echt etwas werden können. Das Gunplay in G.O.R.E. fühlt sich richtig gut an und das Auto Aim, das bis zu einer bestimmten Distanz funktioniert und temporär durch Nebelgranaten der Gegner ausgeschaltet werden kann, ist direkt eine tolle und moderne Idee. Auch die Optik ist gar nicht mal so schlecht. Klar hätte ich lieber wieder Cel Shading gesehen aber sowas ist heutzutage wahrscheinlich eher schwierig finanziell zu rechtfertigen. Auch explodiert wieder allerlei Kram in der Umgebung und erzeugt ein gutes Gefühl brachialer Zerstörung.
Leider ist brachial auch genau das, was überall sonst bei Gungrave G.O.R.E. zum Einsatz kommt. Gegner werden oft ohne Sinn und Verstand aus einem unsichtbaren Eimer aus der Luft auf den Spieler geworfen. Und das hinter jeder Ecke. Es gibt sogar ab und an schlechte Sprung Passagen und Laserschranken, ohne dass Gungrave G.O.R.E. dafür überhaupt optimierte Mechaniken mitbringen würde, um so etwas halbwegs elegant meistern zu können. Dass Versagen in diesen Momenten dann immer den sofortigen Tod und einen Neustart vom letzten Rücksetzpunkt bedeutet, der natürlich gerne einmal vor einer Zwischensequenz liegt, macht die Sache nicht unbedingt erträglicher.
Da helfen auch nicht die zig neuen Mechaniken wie ein Chargeschuss oder eine Dreierkombination, mit der Gegner, die einen Schild tragen, erst einmal von selbigem befreit werden müssen, bevor sie endgültig besiegt werden können. Letztere kann mit Stylepunkten für schöne Aktionen zwar mehrfach ausgebaut werden, ist im Grunde aber immer der selbe Angriff, der vor allem eins macht: den Spielfluss unterbrechen. Und diese Gegner kommen einfach viel zu oft.
Dass dieses Spiel auch noch auf 31 Abschnitte gestreckt wurde (ich wiederhole: einunddreißig Abschnitte!), die oft die gleichen Objekte nutzen und sich auch im Gesamtstil gerne mal gleichen, stellt dann auch die größten Fans auf eine sehr harte Probe. Irgendwie ist alles an Gungrave G.O.R.E eine einzige Aneinanderreihung von Wiederholungen, ohne dass sich auch nur einen Hauch Level Design ausmachen lässt.
Dabei gibt es eine Handvoll Level, die wirklich Spaß machen. Hätte man hier eine kleinere Auswahl getroffen und den Fokus wieder auf den Wiederspielwert gelegt, hätte Gungrave zwar keine Höchstnoten eingefahren, sich aber gut im Mittelfeld positionieren können.
Besonders schlimm ist, dass viele dieser Punkte bereits im zweiten Teil Gungrave Overdose (ebenfalls ein Name, der Programm war) kritisiert wurden. Und dort gab es wenigstens noch Rocketbilly Redcadillac, der mit Gitarre und Raiden Blitzen um sich geschossen hat und eine so frische Idee war, dass man gerne ein paar Runden mit ihm gespielt hat. Egal wie schlecht der Rest war.
Ich wollte keine Verrisse mehr schreiben, bin aber ein sehr großer Gungrave Fan und halte es für meine Pflicht euch mitzuteilen, dass die Brille hier ganz schön rosa sein muss, um diesem Titel etwas abgewinnen zu können.
Parallel zu diesem Texthäppchen habe ich übrigens auch mit Micha vom Insert Moin Podcast schön nerdig über Gungrave sprechen dürfen, was dann wieder sehr viel Spaß gemacht hat.