Torsten Hartmann

Texthäppchen über Bildschirmunterhaltung von Torsten.

Mark of the Ninja

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Ninja. Romantisierte Helden japanischer Folklore und persönliche Lieblinge in Videospielen meinerseits. Ninja rocken. Nicht so sehr, wenn sie sich in Lack und Leder durch Fontänen frischen Blutes metzeln. Ich mag sie lieber ruhig, im Schatten agierend und aus dem Nichts heraus zuschlagend.

Mark of the Ninja kann das sehr gut. Wie bei modernen Schleichspielen üblich, habe ich zwar auch hier die Möglichkeit, mit der Tür ins Haus zu fallen und dabei einen großen Tumult zu veranstalten, aber für’s Ego und die Punktzahl am Ende eines Abschnitts ist das nichts.

Mark of the Ninja möchte vorausschauend und Schritt für Schritt gut geplant gespielt werden. Dafür zerstöre ich Lichtquellen um Dunkelheit zu erzeugen, nutze meinen Ninja-Sinn, um Fallen aufzuspüren und billige Schalterrätsel zu lösen, schleiche mich an Wänden und Decken hängend an Wachen vorbei und meuchele in den Reihen des Feindes so, dass es nur mein aktuelles Opfer und das möglichst nur sehr kurz merkt. Denn auch unsauber ausgeführte Kills wecken die Aufmerksamkeit umstehender Wachen.

Entwickler Klei vereint diese aus Tenchu und Splinter Cell bekannten Elemente bei Mark of the Ninja mit der Kim Possible Ästhetik ihrer Shank-Serie. Heraus kommt das bis dato wohl beeindruckendste 2D Schleichspiel. Und dafür würde ich die Entwickler gerne vom Fleck weg heiraten. Alle samt.

Mark of the Ninja fühlt sich an, als hätte jemand in meinen Kopf geschaut und gesagt: daraus machen wir ein Spiel!

Die Werkzeuge, die Mark of the Ninja zum Erfüllen der Missionsziele bereitstellt, aber erst einmal nach und nach erspielt werden müssen, lesen sich wie eine Mischung aus Best-Of und Klassikern der aus anderen Titeln bekannten Shinobi-Utensilien: Kletterhaken, Rauchbomben und Wurfmesser aus Tenchu, das innere Auge als Hommage an die Nachtsicht von Splinter Cell oder der handelsübliche, für optional gewaltfreie Durchgänge aber lebensnotwendige Umzugskarton aus Metal Gear. Um nur ein paar zu nennen.

Der Einsatz vieler Waffen und Gegenstände, zu dessen Zweck ich praktischerweise die Zeit anhalten kann, erzeugt Geräusche, die bereits beim Planen einer Anwendung optisch durch Ringe dargestellt werden. Gegner, die sich bei der Ausführung innerhalb eines solchen Rings befinden, werden stutzig und gehen der Quelle sofort auf den Grund. Das kann einerseits zu meiner Enttarnung führen, andererseits von mir aber auch zur Ablenkung eingesetzt werden.

Auch die Gegner erzeugen solche Ringe, zum Beispiel beim Marschieren. Während ich nämlich nur Gegner sehe, die sich mit mir in einem Raum befinden, kann ich die Ringe der laufenden Wachen aber auch in Nebenräumen “sehen”, obwohl die Personen selbst für mich unsichtbar sind. Eine großartige Umsetzung eines siebten Ninja Sinns.

Ob mit neuen Spielelementen oder grafischen Finessen in der Umgebung. Mit jeder Mission legt das Spiel beim ersten Durchgang immer noch einen oben drauf. Mehr noch: Das wunderschön inszenierte Ende macht sogar die zahllosen vorangegangenen Genre-Phrasen in den Dialogen wett. Und beschert mir als Hardcore-Stealth Spieler mit dem New Game Plus einen Traum-Modus. Hier teilt meine Figur dann das Schicksal der hilflosen Schleichspiel-Wache und besitzt selbst bloß einen eingeschränkten Sichtkegel. Gegner außerhalb dieses Kegels, zum Beispiel hinter mir, kann ich nur sehen, wenn ich mich zu ihnen umdrehe. Eine echte Herausforderung.

Auch im normalen Modus bietet mir Mark of the Ninja, dank einer Handvoll sekundärer Einsatzziele, einen hohen Wiederspielwert. Ich kann versteckte Schriftrollen suchen, mich an Herausforderungs-Räumen probieren oder ich widme mich dem eigentlichen Ziel des Spiels: jeden Level ohne zu töten und ohne gesehen zu werden beenden. Mit gefühlt eintausend Checkpoint Neustarts pro Einsatz. Perfekt, wenn man drauf steht.

Da es mir unmöglich ist, die Klei-Leute wirklich vor den Altar zu ziehen und mit ihnen den heiligen Bund der Ehe unter Ninjas einzugehen, bleibt mir nichts anderes übrig als dieses Spiel hier bei Superlevel in den höchsten Tönen zu loben. Das hat es verdient.