Hitman: Absolution
Das Szenario: ein Waffenladen des scheinbar in den Fünfzigern hängegebliebenen Städtchens Hope, irgendwo in South Dakota. Der Besitzer hat Agent 47s Paar Silver Ballers in die Finger bekommen. Das todbringende Pistolen-Duo des glatzköpfigen Ex-Auftragsmörders gehören da natürlich nicht hin und sollen schnellsten entwendet werden.
Der Fakt, dass Agent 47 in dem Laden jede andere, wahrscheinlich bessere Waffe kaufen könnte, aber lieber die halbe Welt auf den Kopf stellt, um seine Silver Ballers wiederzubekommen, passt zum neusten Teil der Serie. Absolution lässt keine Möglichkeit aus, den eigentlich sehr intelligenten Spielablauf hinter naiven, fast schon grindhousigen Elementen zu verstecken. Mit pechschwarzem Humor. Es positioniert zum Beispiel Gegner einladend für heimtückische Kills an Fenstern und lässt ihnen im Moment der Exekution per Telefon die gute Nachricht zukommen, dass sie nicht todkrank sind.
Gefühle hat Agent 47 natürlich nur in der verbockten Filmumsetzung. Deswegen halten mich bei Hitman nicht die Einzelschicksale sondern die Punkte davon ab, Menschen zu töten. Die werden nämlich spärlich vergeben und knallhart wieder abgezogen. Wenn ich Zivilisten töte zum Beispiel oder auch bewaffnete Gegner, falls ich diese danach nicht entsorge. Will ich also die High Score knacken, heißt es Planen.
Zurück im Waffenladen. Es gibt verschiedene Herangehensweisen, jedes Level zu lösen. Die eleganteste Möglichkeit wäre hier die Bond Methode. Als smarter Agent 47 betrete ich den Eingangsbereich.
Die James Bond Methode
Ich überblicke den Laden und mache mich daran Informationen einzuholen. Im hinteren Bereich befindet sich ein riesiges Areal mit Schießstand. Oben scheint es Büros und Privaträume zu geben. Ein Schnack mit dem Besitzer bringt mich in die glückliche Lage, die Silver Ballers beim ehrlichen Spiel auf dem Schießstand gewinnen zu können. Ein knapp bekleidetes Cowgirl mit verziertem Trommelrevolver und dem IQ einer Satteltasche hält hier den Rekord und damit meine zu knackende Zielmarke. Mit Bullet Time™ und sicherem Zielen schieße ich Dutzende Scheiben über den Haufen. Triumphierend halte ich die Trophäen und das Bikinimädchen in den Armen. Cut!
Das schreibt sich so einfach. Leider versage ich schon beim Zielen. Nach sechs gescheiterten Anläufen erschieße ich das Mädchen.
Die Stirb Langsam Methode
Der Waffenladen ist das Getränke Paradies des Alkoholikers. Ich decke mich bis über beide Ohren mit Klein-, Groß- und Sonstwelchen-Kalibern ein, sabotiere einen Verteilerkasten und beginne mit der bleihaltigen Vorstellung. Hitman Absolution geizt nicht mit Menschenmassen. Muss ich mich bei anderen Schleichspielen mit vielleicht zwei Handvoll Gegnern herumschlagen, sobald ich diese alarmiere, reicht das bei Absolution nicht mal für die Vorhut. Dutzende Gegner kreisen mich ein und es wird aus allen Rohren gefeuert. Ich sitze dennoch relativ sicher hinter einer Deckung und muss, wie bei zig anderen Deckungs-Shootern auch, lediglich sehr viel Ausdauer beweisen, bevor auch der letzte Waffen-Fanatiker in der Schießbude ins Gras gebissen hat.
Schön und gut. Aber letzteres gilt nicht für die Punktzahl. Und auch meine Ehre als Vielspieler wird deutlich angekratzt. Ein bitterer Nachgeschmack ist nicht zu leugnen, während ich über gefühlt einhundert Leichen trample, die Ballers nehme und mich verdrücke. Vielleicht ist eine Mischung aus beidem keine schlechte Idee?
Diese Spielart, die mir bei Hitman Absolution am besten gefallen hat, lege ich jedem Spieler ans Herz, der nicht andauernd wieder vom letzten Checkpoint anfangen und alles perfekt machen will. Wer das lieber mag, der wird sich mitunter Stunden an manchen Leveln die Zähne ausbeißen.
Die Smoking Aces Methode
Ich sabotiere wieder den Stromkasten. Ein Mitarbeiter sieht daraufhin nach dem Rechten und gibt mir den Weg in das Obergeschoss frei. Dort schleiche ich unbemerkt und technisch erfreulich dicht am letzten Splinter Cell, durch die Räume. In einem Raum erledige ich klammheimlich den Besitzer des Ladens und bekomme so noch Hinweise bezüglich eines Safes und dessen Kombination. Über ein Hinterfenster klettere ich hinab auf die Schießstand-Anlage und schleiche mich geschickt durch die tiefen Gräben. Auf dem Weg sammele ich Sprengstoff und spüre das Büro mit dem Safe auf. Zurück im Eingangsbereich, kurz vor meinem Ziel, die Silver Ballers liegen auf Hochglanz poliert vor mir auf dem Tresen, fliegt meine Tarnung auf. Ich sagte ja, eine Mischung aus beidem. 10 Minuten später, der Staub der gigantischen Explosion im Kassenbereich ist verflogen, stapft Agent 47 wieder durch die Leichenberge. Diesmal aber mit einem weit besseren Gefühl im Bauch und bereit für den noch folgenden Rachefeldzug.
Das sind nur drei Möglichkeiten bei Hitman Absolution ans Ziel zu kommen. Gefühlt gibt es weit mehr. Immer auf die jeweilige Ausgangssituation abgestimmt und unheimlich vielfältig. Zur Verbesserung des allgemein schlechten Rufs der Videospiele trägt Hitman dabei sicher nicht bei. Im Gegenteil. Es bietet eher noch mehr Angriffsfläche und Steilvorlagen, und da sind die Nonnen mit Lack, Leder und Knarren nicht mal der Höhepunkt. Spieler mit der nötigen Distanz dazu, werden sich, davon aber unbeeindruckt, an den wahnwitzigen Möglichkeiten und dem herrlich düsteren Humor erfreuen. Ganz sicher.