CounterSpy
Update: ich war einige Tage nach diesem Text noch bei Insert Moin mit einem Podcast zum Thema Counter Spy zu Gast.
Kennt ihr den Moment, wenn ihr eine richtig schwere Sache, einen Endboss, einen bestimmten Level oder ein Puzzle in einem Videospiel endlich geschafft habt? Diesen Moment der Erleichterung, der Freude, ja oft sogar der Unbesiegbarkeit? Diesen Moment hatte ich gerade bei CounterSpy und jetzt habe ich es einmal durchgespielt. CounterSpy ist saugut und auf eine interessante Weise sauschwer.
Es ist toll, weil es ein Schleichspiel ist, im (ersten) Kalten Krieg spielt und, ganz dem neuen Schick entsprechend, zufällig generierte Level hat. Ihr habt ja keine Ahnung, wie lange ich mir ein Schleichspiel mit zufällig generierten Leveln gewünscht habe! Seit dem ersten Tenchu. Weil ich die Level immer und immer wieder gespielt habe, leider immer mit dem Wissen, wo sich welche Wache befindet. Einige Schleichspiele positionieren ihre Wachen mittlerweile zufällig, CounterSpy setzt dagegen ganze Missionen immer wieder aus vorgefertigten Räumen zusammen, ähnlich dem Prinzip von Rogue Legacy. Auf diese Weise weiß ich nie, was mir bis zu meinem Missionsziel so alles über den Weg läuft.
Welche Seite des Eisernen Vorhangs ich ausspioniere, liegt an mir. Dabei sollte ich aber das Defcon-System beider Seiten im Auge behalten. Defcon ist die Alarmstufe in Bezug auf die Benutzung der Atomwaffen. Von Stufe 5, alles ruhig, bis Stufe 1, Kubakrise. Diese Stufe ändert sich, je nachdem, wie gut oder schlecht ich spiele. Ungeschickte, offene Kämpfe oder gar mein vorläufiger Tod erhöhen die Alarmstufe der gerade ausspionierten Weltmacht um einen Zähler. Geschieht dies, nachdem dort bereits Defcon 1 herrschte, beginnt die Doomsday Clock ihre letzten sechzig Sekunden herunter zu zählen und ich muss versuchen, den aktuellen Level unter Zeitdruck zu beenden, wenn ich nicht will, dass die Raketen fliegen und mein Spiel vorbei ist.
Im Gegensatz zu Rogue Legacy ist CounterSpy aber nicht Permadeath, das heißt, ich darf es ganz altmodisch erneut versuchen. Am Ende einer Mission steht immer ein Computertisch, den ich hacken muss. Dann wird der aktuelle Stand der Alarmstufe eingelockt und verbleibt für die nächste Mission. Da beide Seiten unabhängige Alarmstufen haben, kann ich mich bei drohendem Game Over auf der einen Seite lieber erstmal auf der anderen Seite umschauen und dort Dinge kaputtmachen. Ich kann auch Offiziere aufsuchen und bedrohen, die dann auf ihrer jeweiligen Seite den Defcon Status herabsetzen. Dieses System ist intelligent und witzig, aber auch sehr unbarmherzig.
Denn habe ich genug Material auf meinen Missionen gesammelt, um das Finale zu betreten, gilt hier immer die aktuell höchste Alarmstufe. Und diese finale Mission ist im Gegensatz zum restlichen Spiel eh noch einmal eine ganze Ecke schwerer. Das Fiese: Spielt ihr vor dem Finale also lieber noch einmal einen normalen Einsatz, könnte es euch dabei zwar gelingen, die Alarmstufe herabzusetzen, es vergeht aber automatisch auch ein Tag im Rüstungswettlauf und mit jedem dieser Tage werden die gegnerischen Wachen zahlreicher und ihre Ausrüstung besser.
Spare in der Zeit, dann hast du in der Not, sagten unsere Großeltern immer so schön. Spiel gefälligst vernünftig, dann fluchst du gegen Ende nicht so laut, ist die passende Übersetzung für CounterSpy.
Optisch ist das Spiel eine Freude, sieht es doch aus, wie der Vorspann eines James Bond Films. Und genau wie besagter Herr, hat auch mein Agent die uneingeschränkte Lizenz zum Töten. Die er auch nutzt und das sehr kaltblütig. Ob aus der Deckung heraus mit einem Schalldämpfer oder in einem Überraschungsangriff mit dem Maschinengewehr. Sobald ich mich mit meinen Agenten hinter eine Deckung begebe versetzt das Spiel die Ansicht in eine Art Schulter-Perspektive, was durchaus nützlich für besseres Zielen ist. Aber auch ohne Deckung kann ich mit gezogener Waffe in der normalen Ansicht zielen und schießen.
Bei all diesen Eskalationen setzt CounterSpy auf seine künstlerische Grafik, um die Gewalt etwas herunterzuspielen, was eher so semi gut klappt. Durchgänge ohne zu töten sind vom Spiel nicht vorgesehen und obwohl es eine Betäubungspfeil-Pistole gibt, müsste ich zu Beginn eines Spiel mindestens zwei Dutzend Wachen umbringen, um mir diese leisten zu können. Der Feind ist entbehrlich.
Ich mag CounterSpy. Sehr sogar. Ich mag fast jedes Schleichspiel, aber CounterSpy bringt einige frische Ideen mit ins Genre, die ich gerne so wiedersehen würde. Ich spiele es auf der Playstation 4, muss euch an dieser Stelle aber noch bezüglich des technischen Zustands der Vita-Version warnen. Die niedrige Bildrate macht dort das Zielen mit dem rechten Analogstick zur Qual und die Ladezeiten sind für einen Handheld eine absolute Frechheit. Das ist weder eine gute Werbung für Sonys löbliche Cross-Buy Maxime, noch für die Unity-Engine, auf der CounterSpy basiert. Ich lege euch also die Konsolen-Variante nahe. Diese dann aber auch direkt ans Herz.