Hissatsu Ura-Kagyou
Nach drei Kengo-Teilen und dem eher durchschnittlichen Crouching Tiger Hidden Dragon beschert uns Light Weight mit Hissatsu! einen sehr netten Mix aus Drama und Stealth. Herausgekommen ist ein Titel, der dem Chambara Genre alle Ehre macht.
In der Rolle des Arztes Tatewaki Kyoujirou erlebt ihr in Hissatsu! Ura-Kagyou das tägliche Leben auf den Straßen Edos. Tagsüber geht ihr der Rolle des Doktors nach, kümmert euch um euer und das Wohlbefinden der Bewohner Edos, nachts zieht ihr allerdings mit dem Schwert im Obi los um Gerechtigkeit walten zu lassen.
Der smarte Kyoujirou und vier weitere mysteriöse Gestalten agieren nämlich im Geheimen als Meuchelmörder, die gegen Geld Auftragsmorde für die gute Sache begehen. So findet ihr euch des Nächtens auf den Spuren korrupter Beamter, geldgieriger Kaufleute und skrupelloser Mädchenhändler wieder. All das in wunderbarer Schleichmanier. Der offene Angriff ist bei Hissatsu! nicht gefragt. Ihr erledigt eure Widersacher hinterrücks und heimlich. Ehre und Fairness haben eure potentiellen Opfer aufgrund ihrer vorangegangenen Gräueltaten bereits verspielt und somit nicht mehr verdient.
Ein sauber ausgeführter Meuchelmord will gut vorbereitet sein und deshalb gibt es im Spiel drei unterschiedliche Spielphasen. Zum einen wandert ihr tagsüber im Stile eines Way of the Samurai durch die einzelnen Bezirke Edos, um eurem Tagesgeschäft als Arzt nachzukommen. Hier habt ihr die Möglichkeit einzukaufen, essen zu euch zu nehmen oder Kranke zu heilen. Sprecht ihr Leute an, können euch diese wichtige Informationen zu eurem aktuellen Auftragsmord zukommen lassen. Ist dies der Fall, wird eine Leiste mit den aktuellen Prozentwert euerer Untersuchung eingeblendet. Mit jedem Prozent verdichten sich die Beweise und spätestens ab der 70% Marke ist eurem Helden klar, wer der Übeltäter ist und wo dieser sich aufhält.
Manchmal ist Kyoujirou auch gezwungen seine Überredungskünste mit körperlicher Gewalt zu unterstützen. Da er tagsüber aber nicht mit einem Schwert durch Edo wandert, müsst ihr diese Konflikte mit bloßen Händen bestreiten. Auch wenn eure Gegner dabei mit Schwertern bewaffnet sind. Ihr wollt ja schließlich nicht den guten Ruf verspielen.
Damit euch tagsüber nicht zu sehr die Füße schmerzen, öffnen sich im weiteren Verlauf des Spiels anhand von sogenannten Tegata nicht nur neue Pforten zu neuen Bezirken, sondern bekommt ihr auch die Möglichkeit größere Distanzen mit dem Boot zu bewältigen. Leider ohne eine entsprechend schöne Animation.
Kommt die Nacht, tritt Phase Zwei in Aktion und ihr findet euch im dunklen Keller unter der Tatewaki Arztpraxis zur Planung des Überfalls wieder. Je nachdem, wie gut ihr informiert seid, bzw. welche Materialien ihr auf der Straße organisiert habt, könnt ihr hier das Levellayout der kommenden Mission studieren, euch Gegnerbewegungen anschauen und bestimmten Mitgliedern eurer Gruppe entsprechende Einsatzgebiete zuordnen. Die einzelnen Mitglieder euerer Verbindung verfügen nämlich alle über verschiedenen Fähigkeiten, die in bestimmten Situation beim Feldeinsatz Vor- aber auch Nachteile haben können.
Neben eurem Allrounder Kyoujirou gibt es den Mönch Genji, dessen Spezialität seine grobe Kraft ist. Im Falle eines offenen Kampfes geht hier nichts über seine Muskeln und seinen gefürchteten Griff, der einen aufgeschreckten Widersacher schnell und wirkungsvoll ausschaltet. Tatsu, der wendige der Gruppe hat die Möglichkeit über Fässer auf Dächer zu klettern um so seine Gegner aus sicherer Entfernung zu besiegen. Jôta kann seine Distanzwaffe auch vom Boden aus einsetzen, hat aber ebenso wie die Geisha Otoki im offenen Nahkampf das Nachsehen. Natürlich haben auch eure Freunde ihren Preis und je nach Schwierigkeit der aktuellen Mission müsst ihr unterschiedlichen Sold für deren Dienste bezahlen.
Zu Beginn wandert ihr allerdings erst einmal solo auf den Pfaden des Todes. Im weiteren Verlauf der zehn Kapitel kommen aber immer mehr Mitglieder zu eurer Gruppe hinzu, die ihr tagsüber in ihren Unterkünften besuchen und nachts bei euren Aufträgen einplanen dürft.
Sind alle Vorbereitungen getroffen und die Rollen verteilt, geht es an Phase Drei. Jetzt findet ihr euch in der aktuellen Schleichmission wieder und es liegt an euch diese möglichst perfekt umzusetzen, um entsprechend wenig Aufruhr heraufzubeschwören und um letztendlich eine große Belohnung zu ergattern.
Das größte Hindernis stellt in diesem Teil des Spiels wie so oft die Kamera dar. Ihr habt hier nur die Wahl zwischen einer Kamera direkt hinter euch, die immer starr dem aktuellen Gang folgt, in dem ihr euch befindet, egal in welche Richtung ihr schaut oder einer ebenfalls gefixten cineastischen Kameraposition irgendwo im Raum. Lediglich beim Anlehnen an eine Wand und dem gleichzeitigen Spähen um eine Ecke bekommt ihr eine weitere, weit effizientere Kameraeinstellung, die euch und den nahenden Gegner auffängt.
Ihr habt die Möglichkeit schnell und laut bzw. langsam und geräuschlos durch die Level zu wandern. Natürlich empfiehlt sich nur letzteres, da unnötiger Tumult schnell im Chaos endet und ihr wie so oft bei Spielen dieser Art auf eine eher unausgegorene Kampfengine angewiesen seid. Hier bildet auch Hissatsu! keine Ausnahme. Dank der Kamera habt ihr Glück, wenn ihr eure herannahenden Gegner überhaupt zu Gesicht bekommt, bevor sie euch ihr Schwert in den Körper rammen. Wer jetzt glaubt, Light Weight hätte sich bei der Technik an ihrer Kengoserie orientiert, der hat sich mit dem Katana geschnitten. Lediglich die Quadrattaste steht euch für Attacken zur Verfügung und lässt euch eine vier Hit-Combo ausführen. Je nachdem, wo ihr eure Gegner trefft, kann die aber immerhin nach zwei Schlägen tödlich enden. Mit der R2-Taste und einer entsprechenden Richtung könnt ihr auch mehr schlecht als recht ausweichen und in Verbindung mit der Quadrattaste zu einem sofort tödlichen Schlag ausholen oder euren Gegner in den Schwitzkasten nehmen, um weitere Feinde abzuschrecken oder eure eigenen Position zu verbessern.
Ist das Chaos erst einmal ausgebrochen, habt ihr trotzdem noch die Möglichkeit, die Lage wieder in Ordnung zu bringen. Sind z.B. Lampen oder Laternen in der Nähe, solltet ihr diese schnellstens umrennen und euren Gegnern so das nötige Licht rauben um dessen Aktionsspielraum einzuschränken. Wer sich dann schnell versteckt hat immer noch die Chance auf einen Überraschungsmoment.
Nichtsdestotrotz solltet ihr lieber von Anfang an aus dem Dunkeln heraus operieren, nicht zuletzt weil das Spiel so auch viel besser aussieht. Am linken unteren Bildschirmrand werden euch Sonderaktionen angezeigt, die ihr in der aktuellen Situation anwenden könnt. Befindet ihr euch z.B. an einer Wand, habt ihr die Möglichkeit euch an diese zu pressen, vor einer Papiertür bietet euch das Spiel unter anderem an diese zu öffnen. Sehr schön ist hier auch die Möglichkeit, euch mit gezücktem Schwert in der Hocke vor der geschlossenen Tür zu positionieren. Dann könnt ihr eine dahinter befindliche Wache mit einem leisen Ruf heranlocken um diese beim Auftauchen ihres Schattens mit einem korrekt getimten Tastendruck durch die Papiertür zu erstechen. All diese Stealthkills werden mit einem Kinofilter versehen, der an alte Genrevertreter erinnert.
Netterweise überlässt euch Hissatsu! die Wahl, ob ihr die Handlanger und Wachen eures Opfers ebenfalls tötet oder sie sanft in den Schlaf befördert. Durch geschickt platzierte Schläge mit der bloßen Hand in die Magenkuhle oder den Nacken des Gegners schickt ihr diesen ohne Blutvergießen ins Land der Träume.
Eine Leiste am oberen rechten Bildschirmrand zeigt in drei Phasen an, wie euere Mission verläuft. In der grünen Phase schöpft keiner im Haus verdacht, befindet ihr euch bereits in der hellroten Phase sind alle Bewohner des Hauses wach und auf der Hut, der Schwierigkeitsgrad steigt also an. In der roten Phase weiß schließlich jeder über euch Bescheid und ihr verspielt die Möglichkeit auf einen sauberen Bosskill.
Apropos Bosskills. Nervige Bosskämpfe wie in allen anderen Genrevertretern findet ihr in Hissatsu! glücklicherweise nicht. Jeder der Oberfieslinge kann gemächlich und hinterrücks in Jenseits befördert werden. Viele haben sogar einen eigene Todesanimation, wenn ihr sie aus dem Dunkeln oder aus einer Ecke heraus direkt von vorne angreift. Sehr lobenswert. Lediglich einmal während der finalen Mission seid ihr im Spiel gezwungen drei Wachen im offenen Kampf zu erledigen. Alle anderen Wachen und Bosse dürfen mit Schleichattacken bewältigt werden.
Nach einem erfolgreich abgeschlossenen Meuchelmord bekommt ihr einen der zahlreichen Echtzeit-Einspieler als Epilog für das Kapitel spendiert um danach einen cineastisch anmutenden Abspann bewundern zu können, in dem noch mal alle Charaktere der Episode und deren Synchronsprecher aufgelistet werden. Ein sehr schöne Feature, das zur gelungenen Atmosphäre des Titels beträgt.
Auch sonst zeigt sich die Atmosphäre des Spiels von ihrer besten Seite. Dynamische Zwischensequenzen, stilistisch toll in Szene gesetzte Stealthkills und ein wirklich bahnbrechender Soundtrack, der traditionell japanische Musik mit mexikanischen Klängen vereint, tragen zu einem besonderen und irgendwo auch recht einmaligem Spielerlebnis bei.
Euer Erfolg als Killer und Arzt wird in zwei Werten bis maximal 100 getrennt voneinander bewertet. Während sich der Wert des Killers nur Nachts und nach Beendigen eines Auftragsmords erhöht, erntet ihr bei der Hilfe Kranker und Bedürftiger die überall in Edo verstreut auf der Straße liegen, Pluspunkte als Arzt. Letzteres erlangt ihr durch eine Diagnose und einer entsprechenden Behandlung, die ihr aus drei verschiedenen Optionen auswählen könnt und die den Leiden des Patienten entsprechend ausfallen sollten. Konntet ihr dem Kranken helfen oder auch nicht, liegt es an euch ob ihr die Behandlung in Rechnung stellt. Wer schnell in der Gunst der Bevölkerung steigen will, verdient sein Geld natürlich lieber Nachts und erspart dem Volk die Kosten. Und diese Gunst ist nicht unwichtig, denn je höher euer Ansehen als Arzt ist, desto freundlicher werdet ihr in den verschiedenen Ladenlokalen der Stadt aufgenommen. Einem eher geldgeilen und erfolglosen Doktor wird dagegen schon mal das Einkaufen in bestimmten Etablissements untersagt.
Grafisch reicht das Spiel nicht ganz an die hohe Meßlatte eines Kengo 3 heran, letztendlich sieht das Spiel aber immer noch gut aus. Schön sind vor allem die kleinen verstreuten Details. Die gewohnt toll modellierten Light Weight Gesichter stehen nicht wie bei der Kengo Serie vor animationskargen Stilleben, sondern sitzen in Mitten ihres Tagesgeschäfts. Im Hintergrund laufen Bedienstete umher, Glücksspieler frönen dem Cho-Han und ab und an sieht man die Stadtwache auch mal bei der Verfolgung eines potentiellen Verbrechers. Die Straßen sind voll von Menschen, alte und junge, Männer und Frauen die Edo ihr virtuelles Leben einhauchen.
Hissatsu! Ura-Kagyou ist kein fehlerfreier aber dafür ein recht einmaliger Mix aus Way of the Samurai und einem Quäntchen Tenchu und genau das macht das Spiel so beindruckend. Leider habt ihr neben dem Storymodus keine Möglichkeit die tollen Elemente des Spiels zusätzlich zu genießen. Nach Beenden des letzten Kapitels gibt es keine Möglichkeit des Speicherns und dem zufolge auch leider nichts frei zuspielen. Einen Zusatzmodus, bei dem man eine zufällig generierte Mission oder auch bereits beendete Missionen erneut spielen kann, hätte dem Titel nicht geschadet. Aufgrund der recht zeitraubenden Untersuchungen zwischen den Actionphasen des Spiels bleibt euch nur die Möglichkeit, vor jedem nächtlichen Einsatz das Spiel separat abzuspeichern um später noch mal in den Genuss der einzelnen Mission zu kommen.
Trotz allem ein Titel, den sich Fans des Chambara-Genres, die der japanischen Sprache mächtig sind eigentlich nicht entgehen lassen dürfen. Man darf gespannt sein, was Light Weight in dieser Richtung noch entwickelt.