Torsten Hartmann

Texthäppchen über Bildschirmunterhaltung von Torsten.

Grow Home

Aus dem Archiv · spiel

Es gab Zeiten, da leuchteten meine Augen, wenn sich irgendwo das Ubisoft Logo materialisierte. Das waren schöne Zeiten. Aber ich habe ja auch mal EA gemocht. Auch dann noch, als alle anderen den Publisher schon als eine Institution des Teufels verschrien haben. Heute kann ich nur noch verwundert den Kopf schütteln, wenn ich sehe, wie Ubisoft, Square Enix und EA ihr letztes bisschen Würde in kleinen, oft wertfreien Paketen in den Onlineshops dieser Welt anbieten. Und während ich mit ansehen musste, wie ein großartig funktionierendes Assassin's Creed immer und immer weiter verwässert wurde, um es der breiten Masse noch ein wenig zugänglicher zu machen und ich der Battlefield Serie dabei zugeschaut habe, wie es mehr und mehr zu Call of Duty transformierte, habe ich die Tür einfach mal zugemacht. Macht das ruhig so weiter, dachte ich mir. Ein wichtiger Teil davon, nämlich der Konsument, will ich aber nicht mehr sein. Das klappt bisher sehr gut.

Jetzt kommt Grow Home von Ubisoft. Ein einziges Bild habe ich dazu vorab gesehen. Es sah gut aus. Als Platform war aber der PC angegeben und da war ich raus. Jetzt kredenzte es Sony allen Playstation Plus Abonnenten für lau auf der Playstation 4. Ich liebe diesen Service, auch weil ich hier Spiele zocke, die ich mir nie gekauft hätte. Als ich Grow Home sah, kam mir das Bild wieder in den Sinn. Und obwohl ich gerade bis zum Hals im verf%#!t bockschweren Metal Gear Solid V stecke, habe ich es mir gleich angeschaut.

Es war furchtbar. Mittlerweile zucke ich schon mal spontan zusammen, wenn das Unity-Logo über den TV-Bildschirm flackert und erwarte technisch erst einmal gar nichts. So kann es meistens nur noch besser werden. Das eine Unity-Entwicklung nicht immer technisch hinterherhinken muss, bewies dann aber Tembo sehr gut, ein Grow Home trennen davon allerdings Welten. Alles ruckelt, teart und blitzt. Die (teilweise gewollt) schwammige Steuerung machte es nicht besser. Nach fünf Minuten musste ich das Pad erst einmal weglegen.

Aber Grow Home hat etwas, das mich festhielt. Eine Idee, die mich immer schon reizte. Es geht darum, nach oben zu kommen. Das mag ich. Nicht bildlich gesprochen, sondern schlicht die Möglichkeit, eine virtuelle Welt nicht nur von links nach rechts sondern auch in der Höhe neu zu entdecken (Es gab ein Arcadespiel, das ich früher geliebt habe, aber leider nicht mehr weiß, wie es hieß. Es war Tate, also im Hochformat und ich musste über Plattformen immer weiter nach oben durch Baumwipfel springen).

Also blieb ich dran. Und irgendwie machte das Klettern mit dem kleinen Roboter, der eine außerirdische Bohnenranke zum Wachsen bringen muss, plötzlich Spaß. Einfach war es nicht, was aber weniger am Schwierigkeitsgrad sondern mehr an der Verfassung des Spiels lag. Immer wieder fiel ich irgendwo runter, obwohl ich Stein und Bein schwören könnte, dass ein Arm meines Roboters sich doch noch irgendwo hätte festhalten können, während ich die Schultertasten meines Controllers so fest drückte, dass ich sie fast schon zerstörte.

ICH HAB' DOCH GEDRÜCKT!

Egal, denn Grow Home hat noch zwei Sachen, die ich total mag: Ich muss in der Spielwelt versteckte Kristalle finden, um schleppend die Fähigkeiten meines botanischen Roboters auszubauen. Optional darf ich nebenbei auch noch die bizarre Tier- und Pflanzenwelt katalogisieren. Dazu muss ich ein Exemplar zu fassen bekommen und es irgendwie zu einem der Teleporter transportieren. Das ist manchmal schon ein wenig knifflig und ein schönes Spiel im Spiel. Die Teleporter dienen hauptsächlich als Rücksetzpunkte, wenn ich wieder einmal irgendwo runtergefallen bin. Der Frust hält sich also in Grenzen, wenn ich von den technischen Pannen mal absehe.

Grow Home funktioniert überraschend gut, wenn ihr es mit Kindern spielt. Obwohl die Steuerung eine mittlere Katastrophe ist, gelingen meiner Tochter hier immer wieder erstaunliche Fortschritte. Dank Metal Gear Solid V habe ich nicht ansatzweise so viel Zeit in diesen Titel gesteckt, wie ich es in anderen Zeiten getan hätte, aber das hole ich noch nach. Und ich freue mich drauf. Immerhin haben wir die Hälfte der zweitausend Meter bereits bezwungen.