Torsten Hartmann

Texthäppchen über Bildschirmunterhaltung von Torsten.

Japanese Rail Sim: Journey to Kyoto

2021-06-26 · spiel

Blick aus dem Cockpit

Im deutschen PlayStation Store bin ich überraschend auf diesen neuen PS4 Titel gestoßen, der bislang nur in Japan erhältlich war. Als Densha de Go! Fan alter PlayStation 2 Zeiten konnte ich mich hier natürlich nicht zurückhalten und habe direkt zugeschlagen. Gute Straßenbahnsimulationen sind ja nach wie vor Mangelware.

Japanese Rail Sim deckt zwei Linien auf der Strecke zwischen Demachiyanagi und Kurama in Kyoto ab, die vor allem für einen malerischen Tunnel aus Ahornbäumen bekannt ist. Diese können je nach Modus an einer beliebiger Station gestartet oder voll gefahren werden, was schon mal eine halbe Stunde dauern kann. Der Clou der Serie: Die Umgebung ist nicht digital modelliert, sondern läuft als im Cockpit integrierter HD-Film mit. Je nach Geschwindigkeit der Straßenbahn, wird der Film dann schneller oder langsamer abgespielt.

Klar geht das Prinzip nur gut auf, wenn die Bahn auch fährt. Wenn ich langsam in eine Haltestelle einfahre und alles um mich herum, Autos, Fußgänger und Straßenbahnen auf der Gegenrichtung, ebenfalls langsamer wird, wird klar, dass diese Idee nicht bis zum Ende durchdacht wurde. Hinzu kommt, dass hier eben auch nur mit HD-Videos gearbeitet wird und nicht unbedingt die Qualität erreicht wurde, die nachts im öffentlich rechtlichen Fernsehen zum Einschlafen als schönste Bahnstrecken Deutschlands gezeigt wird.

Aber: Was auf dem Papier klingt, als hätte jemand zu viel Saké gesoffen, funktioniert im Spiel trotz allem überraschend gut. Eine Straßenbahn Simulation ist ja auch per se schon etwas eigen. Vielleicht ist das der Grund, warum ich mit diesem Spiel trotzdem großen Spaß habe. Zumal die anderen Aspekte der Technik einwandfrei umgesetzt wurden. Was früher der teure Zusatzcontroller in Form einer Straßenbahnsteuerzentrale war, ist heute der DualShock/DualSense: Mit Kreisbewegungen in, beziehungsweise gegen den Uhrzeigersinn bewege ich den Gashebel und regele die Bremse. Das wirkt ziemlich authentisch.

Glücklicherweise bietet Japanese Rail Sim genügend Optionen, um mir den Einstieg so angenehm wie möglich zu gestalten. Überhaupt bietet das Spiel sehr viele Einstellungen und lässt mich die Steuerung auf Wunsch großzügig modifizieren. Es scheint mir auch weniger streng zu sein, als zum Beispiel Densha de Go!. Klar wird auch hier jeder Zentimeter(!) geahndet, den ich über die Haltelinie hinaus zum Stehen komme und natürlich hat die japanische Straßenbahn auf die Sekunde pünktlich anzukommen, wo ich als jemand, der jeden Tag Straßenbahn in Hannover fährt, nur schmunzeln kann. Aber irgendwie tut das wertungstechnisch nur bedingt weh und ich konnte bereits auf der ersten längeren Tour einige A-Bewertungen und bereits am zweiten Tag eine S-Wertung einfahren.

Diese Wertungen sind wichtig, wenn ihr Informationen über die Sehenswürdigkeiten der Strecke nachlesen wollt. In den Reisebüchern beider Strecken werden so Einträge freigeschaltet, die euch mit kurzen aber auch interessanten Fakten über Bauwerke, Natur und Geschichte aufklären. Im Fahrtenbuch gibt es außerdem noch Infos zu den Zügen selbst, die ihr freischaltet könnt, wenn ihr die ganze Strecke entsprechend gut in einem Stück fahrt.

Für 50 Euro hätte ich mir gewünscht, dass auch noch die Nachtstrecken der Switch-Version dabei sind, aber es sieht so aus, als ob hier eventuell noch ein DLC nachgeliefert wird. Ich würde mich jedenfalls freuen. Japanese Rail Sim ist eine der wenigen Möglichkeiten eine japanische Straßenbahn Sim auf Englisch (und vielleicht sogar auf Deutsch, hab ich nicht ausprobiert) zu spielen und Spaß macht es trotz der etwas seltsamen Mischung aus Heimvideo und Videospiel allemal.